Ein Erlebnisbericht aus der Sicht eines „Lossklaven“
Von Tobias Langlotz
Ich war schon öfters in den Räumlichkeiten der 8. Etage des JenTowers und der Ausblick war schon zuvor immer ein nettes Plus gewesen. Kim Young-Sam (8d) gab hier eine ganze Weile für die Jenaer Go-Spieler einen wöchentlichen Kurs, während um uns herum noch manch ein Bioinformatiker seiner Arbeit nachgegangen war. Diesmal hatten wir die Räumlichkeiten allerdings ganz für uns allein: am 1. Oktober hatten die Go-Spieler das Reich der Bioinformatiker invadiert!
Anstelle von Young-Sam war es diesmal allerdings Andrii Kravets (1p), der mit fleißiger Unterstützung von Manja Marz (3d) das Seminar im Turm leitete. Dafür, dass das Turnier erst am Samstag begann, waren am Freitag bereits so viele Go-Spieler vor Ort, dass der Platz im Seminarraum ziemlich knapp wurde. Auch die restlichen beiden Tage konnte sich Kyu- und Dan-Spieler gleichermaßen Rat von Andrii einholen.
Mit 40 Teilnehmern bei einem Turnier unter 3G-Regel fühlt man sich als Teil der Orga auch ein bisschen stolz. Natürlich ist mir bewusst, dass es damit kein besonders großes Turnier war. Doch das Vertrauen unserer Gäste bestätigt, dass wir zumindest etwas richtig gemacht haben.
Unter den Angereisten befand sich diesmal auch eine Gruppe aus Tschechien um Lukas Podpera (7d), der von Anfang an als Favorit um den Turniersieg galt. Das Turnier verlief relativ reibungslos. Das größte Manko war wohl, dass einige Runden später anfingen, als wir es geplant hatten. Aber wer schon einmal selbst ein Turnier ausgelost hat, kann davon ein Lied singen, wie ein, zwei fehlende Ergebnisse die nächste Runde hinauszögern können.
Und natürlich hatten wir auch dieses Mal das Glück, dass bereits in der ersten Runde zwei Partien besonders lange dauerten – eine Jenenser Spezialität!
Am Ende des ersten Tages hatten sich auch unsere Befürchtungen bestätigt, dass Lukas Podpera wohl ohne große Konkurrenz den Titel mit nach Hause nehmen würde. Als 7-Dan war er der klare Favorit und nachdem er in Runde 3 gegen Martin Ruzicka (4d) gewann, gab es kein realistisches Szenario mehr, in dem er nicht am Ende oben auf dem Treppchen stehen würde. Ich hatte zuvor lange überlegt, ob ich diese Paarung für die letzte Runde aufbewahren sollte. Doch nachdem beide nach den ersten Runden 2-0 standen und ansonsten gegen deutlich schwächere Gegner hätten spielen müssen, entschied ich mich dagegen.
Zum Spielen kam ich am ersten Tag gar nicht. Ich verbrachte die meiste Zeit damit, eines der beiden Top-Bretter zu übertragen. Normalerweise hatten wir für solche Aufgaben Helfer, doch dieses Mal waren wir nur eine kleine Gruppe und da machte jeder das, was es gerade zu tun gab – Essen ausgeben, Kaffee kochen, neue Tsumegos aus drucken, Partien übertragen etc. pp.
Teil des Kreuzschnitts war auch dieses Jahr wieder ein Tsumego Wettbewerb und der Versuch ein Rengo Turnier am Samstagabend zu veranstalten. Es ist gar nicht so einfach 8 – 10 Personen zu finden, die nach 3 Turnier-Runden noch Elan haben, um Rengo zu spielen. Am Ende lief es daraus hinaus, dass nur eine Runde und nur ein Brett gespielt wurde – mehr zum Spaß als alles andere.
Am Sonntagmorgen kam ich letztendlich auch dazu, eine Runde Go zu spielen. Es war eine spannende Partie, in der ich mich erst sehr schlecht, dann ziemlich gut und zuletzt ziemlich hoffnungslos fühlte. Aber irgendwie gelang es mir, die Partie mit einem Punkt für mich zu entscheiden, was mich überraschte. Nachdem ich im Endspiel eine kleine Gruppe im Zentrum verloren hatte, dachte ich, das Spiel wäre für mich gelaufen…
Die Siegerehrung ist für mich immer am nerven- aufreibendsten bzw. die Vorbereitung dazu. Bei uns gibt es so viel zu beachten, da wir neben den Hauptpreisen immer auch eine Menge Sonderpreise ausgeben. Da einen Fehler zu machen ist natürlich peinlich, aber auch schon mal vorgekommen. Bester Student, beste Frau, bester Turnierneuling, bester Oldie, weiteste Anreise… da kann sich ein Fehler schnell einschleichen.
Dieses Mal ging aber alles glatt über die Bühne. Lukas Podpera (7d) sicherte sich mit einem souveränen 5:0 den ersten Platz, gefolgt von Martin Ruzicka (4d), der mit einem Endstand von 4:1 auch ein sehr starkes Turnier spielte. Manja Marz (3d) setzte sich im Direktvergleich gegen Tim Cech (2d) durch und errang Platz 3. Aber auch Tim ging nicht leer aus, denn als Vierter insgesamt konnte er sich über den Preis des besten Studenten freuen.
Wer nicht mit Preisgeld rechnen konnte, hatte bei der Tombola immer noch eine Chance, einen tollen Sachpreis mit nach Hause zu nehmen. Denn wer beim Kreuzschnitt eine Partie verliert, darf einen Zettel mit seinem Namen in die Tombola werfen und so kann auch ein schlechtes Turnier noch einen guten Ausgang nehmen.
Für uns hieß es dann nur noch: Aufräumen, zusammenpacken und den Tag ruhig ausgehen lassen! Ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie viel Energie und Konzentration man während des Turniers aufbringen kann und wie schlagartig es mich zu Hause aus den Socken haut. Anstrengend war es ja, aber auch befriedigend. Am Ende ist es immer schön auf das, was man geschafft hat, zurückblicken zu können.
Zu guter Letzt möchte ich noch unseren Sponsoren danken, die ein Turnier mit so vielen Preisen erst möglich machen: dem Landesverband Brandenburg-Sachsen-Thüringen, der wie schon in den letzten Jahren mit großzügiger finanzieller Unterstützung die Ausschüttung vieler Preisgelder ermöglichte; dem DGoB, der zu großem Teil unseren Lehrer Andrii Kravets finanzierte; JIGS und dem Hebsacker Verlag, die uns mit Gutscheinen bei der Ausgabe von Sonderpreisen unterstützten; und dem Brett und Stein Verlag, der uns in diesem Jahr einige Go-Bücher zur Verlosung bei der Tombola sponserte.
Vielen Dank an alle Teilnehmer, Helfer und Sponsoren, die uns ein schönes Turnier ermöglichten!